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Charlottenburg-Wilmersdorf  beispielhaft für eine gelebte Willkommenskultur

Ganz Europa spricht über die neue Flüchtlingswelle. 60 Millionen Menschen suchen Zuflucht in Europa. Deutschland ist die Nummer 1 auf der Liste der Länder, in die die Flüchtlinge gehen wollen. 2014 hatte man für 2015 etwa mit 240.000 neuen Asylsuchenden in Deutschland  gerechnet. Bis August 2015 sind es schon 400.000 geworden. am 19.08.2015 hat Innenminister, Thomas de Maiziere eine Prognose von etwa 800.000 neue Flüchtlinge für das Jahr 2015 bekanntgegeben. Man spricht schon über 1000.000!Asylsuchende in Deutschland .

  Für 2016-2017 rechnet man auch mit solchen Zahlen.

  Begriff  von " Flüchtling" in der deutschen Geschichte

 

 In der deutschen Geschichte ist der Begriff " Flüchtling" nicht neu. Allein von 1933 bis 1938 haben etwa 600.000 Deutsche das Land verlassen müssen um ihr Leben zu retten. Gegner des Nationalsozialismus und Juden hatten im NS-Staat nur zwei Wege: getötet zu werden oder ins Ausland zu fliehen. Diese Menschen setzten sich zum Teil im Ausland gegen die Nazidiktatur ein. Künstler und Schriftsteller wie Thomas Mann und Bertolt Brecht unterstützten aktiv den Widerstand gegen die Naziherrschaft. Als die Rote Armee die deutsche Wehrmacht zurückdrängte, vertrieben sie Millionen aus den besetzten Gebieten, die nach Westen fliehen mussten. 13 bis 14 Millionen Deutsche waren auf der Flucht. Sie suchten Zuflucht im noch nicht besetzten Teil Deutschlands. Manche hatten ein sehr schweres Leben. Obwohl sie Deutsche waren, ging es ihnen schlechter als heutigen Flüchtlingen, aber bald fanden sie beim Wiederaufbau des Landes ein neues Schicksal und Glück.

Die deutsche Geschichte weiß, was Flucht bedeutet und was ein Flüchtling ist.

Flüchtlingswelle heute!

Heute im Jahr 2015 hat das Land wieder mit einer riesigen Flüchtlingswelle zu tun. Fast das ganze Land ist mit diesem Phänomen konfrontiert. Man weiß nicht, wie es weitergehen kann. Schon das Wasser des Mittelmeers hat das Leben von mehr als 1.000 Menschen auf der Flucht vor Unterdrückung und Krieg oder Elend verschlungen.

Unser Forum hat für die Jahre 2015 und 2016 sein erstes Hilfsprojekt für diese Menschen unternommen. Wir haben an Sammlungen für Flüchtlinge teilgenommen, wir haben Veranstaltungen mit den Bewohnern, in ihren Unterkünften besucht. Die Reaktionen der Ansässigen waren in verschiedenen Bezirken unterschiedlich. In Ostberlin gab es mehr Gegner als in Westberlin. In beiden Teilen der Stadt war die Mehrheit hilfsbereit und ist es immer noch, aber Asylheime und Asylsuchende sind in Ostberlin viel häufiger angegriffen worden als in Westberlin. Ein Bezirk in Berlin war besonders freundlich zu neuen Asylsuchenden. Auch dort haben wir einzelne Fälle gesehen, in denen Einheimische gegen die Unterbringung der neuen Flüchtlinge in ihrem Stadtteil waren, waren 95% der Bevölkerung sehr nett und hilfsbereit.

Interviewmit Carsten Engelmann

Wir baten Herrn Carsten Engelmann, Stadtrat und Stellvertretenden Bürgermeister von Charlottenburg-Wilmersdorf, um einen Termin gebeten und stellten ihm unsere Fragen. Er ist zuständig für die Asylantenheime in diesem Bezirk.

Die Vorstandsmitglieder Kristina und Detlef Wagner und der Vorsitzende, Mohammad Moshiri    besuchten Herrn Engelmann in seinem Büro im Rathaus. Er liebt seinen Bezirk sehr. Für ihn ist das Thema wichtig und schwierig.

 In Deutschland erfolgt die Verteilung der Flüchtlinge nach

dem so genannten Königsteiner Schlüssel, nach dem jedes Bundesland einen Anteil der Menschen übernehmen muss. Den Bezirken werden nicht Füchtlinge nach festen Quoten zugewiesen, sondern hier richtet sich die Zahl der Flüchtlinge nach der Zahl der Aufnahmeeinrichtungen und der Zahl der Plätze, über die der betreffende Bezirk verfügt.

Die Versorgung der Flüchtlinge ist generell Landessache und wird in der Regel durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales versehen.

Frage: Woran liegt das, dass in Wilmersdorf-Charlottenburg die Einwohner weniger Flüchtlingsfeindlich sind? Wir haben immer sehr nette und hilfsbereite Einwohner gesehen?

Die Stimmung ist gut. Ich glaube, der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist beispielhaft für eine gelebte Willkommenskultur. Das liegt zum größten Teil daran, dass die Menschen sehr schnell akzeptiert haben, dass wir hier uns mit der Flüchtlingswelle auseinander zu setzen haben und nicht in Agonie verharren dürfen, sondern tatkräftig dazu beitragen wollen, diese Willkommenskultur auch praktisch zu leben. D. h. die ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger unterstützen uns bei der Arbeit mit den Flüchtlingen beispielsweise durch ehrenamtliches Engagement in Deutschkursen, durch Begleitung bei Behördengängen und andere Dinge mehr.

Frage: Bestimmt haben Sie auch Probleme. Mit Unterbringung, mit Versorgung usw.?

Das aktuelle Problem liegt natürlich in der Größe der wachsenden Flüchtlingsströme. Zurzeit ist es so, dass im Monat mehr Flüchtlinge kommen als teilweise in den Jahren davor und darum muss man sehr schnell jetzt gucken, wo man diese Menschen unterbringt, weil niemand obdachlos werden darf. Flüchtlinge haben auch den humanitären Anspruch auf eine entsprechende Versorgung, d. h. Essen, Trinken, Kleidung, medizinische Versorgung bis zur Aufnahme ihres Verfahrens. Dabei ist natürlich auch der Senat gefordert. In Zusammenarbeit mit der Berliner Immobilienverwaltung wird nach Grundstücken gesucht, die geeignet sind, dass auf ihnen Aufnahmelager errichtet werden, sei es in Form von Containerdörfern oder in bestehenden Gebäuden.

Frage: Was erwarten Sie vom "Bund" und vom"Land" ?

Vom Bund und vom Land erwarte ich eine finanzielle wie auch personelle Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen und bei allem, was wir für das Land Berlin tun. Wir kümmern uns beispielsweise auch um die Gesunderhaltung der Menschen in den Flüchtlingseinrichtungen. So sorgen wir bei einer Masernepidemie dafür, dass die Menschen geimpft werden. Da erwarte ich, dass das Land umfassende und umgehende Hilfe leistet und die nötigen Mittel bereitstellt.

Natürlich ist hier auch der Bund gefragt. Die Forderung, jedem Flüchtling 1.000,00 € im Monat für seinen Lebensunterhalt zu geben, halte ich nicht für übertrieben.

Frage: Wir haben als Forum für Toleranz und Menschenrechte e.V. mit einer Hilfsaktion für neue Flüchtlinge begonnen. Wie finden Sie die  Aktion  " Hellepaket"?

Nun ein paar Worte zu einer Aktion des Forums für Toleranz und Menschenrechte, der Aktion "Hellopaket". Ich finde die Aktion ausgesprochen hilfreich. Gerade wenn Menschen in einer Einrichtung ankommen, die normalerweise nichts mit der Flüchtlingsbetreuung zu tun hat, ist es wichtig, zunächst einmal die sprachliche Barriere zu überwinden, Aufklärung zu betreiben, warum und wieso man dort Fragen stellt. Gleichzeitig aber auch ganz praktische Hilfe: eine Decke, Wasser für jeden, Spielsachen für die Kinder. Ich begrüße diese Aktion und werde sie fortlaufend unterstützen.

 

 

Besuch eines Flüchtlingsheim

Um die Lage vor Ort zu kennen, haben wir die Direktorin eines Flüchtlingsheims in Nordcharlottenburg um einen Termin gebeten. Wir besuchten Frau Dr. Deleva im Flüchtlingsheim Eschenalle 3. Das Heim hatte kein Namensschild. Vor dem Haus sprachen zwei ältere Männer. In ihren Gesichtern konnte man feststellen, dass sie versuchten, die Zeit totzuschlagen. An einer anderen Stelle  sprachen drei Mädchen im Alter von 15–18 Jahren miteinander. Sie waren fröhlich und lachten.

Vor dem Eingang saß ein Sicherheitsmann.

Gespräch mit der Heimleitung

Frau Deleva nahm uns sehr freundlich auf. Sie hat auch ihre Geschichte. Sie ist in Mazedonien geboren. Sie hatte immer ein großes Herz für humane Arbeit. Sie ist Mutter von einem Kind. Sie versteht die Menschen in dem Heim sehr gut. Sie tut ihre Arbeit mit Liebe. Sie war selbst einmal drei Monate lang geduldete Person in Deutschland.

Wir wollten von Frau Deleva etwas über die Arbeit in dem Heim hören.

Ich fragte sie, ob sie um ihre Sicherheit besorgt sei? Sie lachte und antwortete: „Nein ich habe keine Sorgen um meine Sicherheit und die meiner Mitarbeiter und der Heimbewohner. Die Bewohner in diesem Stadtteil sind sehr nett.“

 

Wie teilen Sie die Arbeit auf?.                                                                                                          Mohammad Moshiri, Frau Dr. Deleva

„Wir haben für verschiedene Aufgaben zuständige Mitarbeiter. Einen großen Teil der Arbeit für Heimbewohner haben freiwillige Helfer übernommen. Wir brauchen diese guten Menschen unbedingt. Sie sind auch ein Schutz für die Hausbewohner.“

„Dies ist ein Erstaufnahmeheim für neue Flüchtlinge. Wie lange bleibt normalerweise ein Asylsuchender hier?“                                   

„Hier wohnen nicht nur Asylsuchende, sondern auch manche, die schon anerkannt worden sind, aber keine Wohnung in Berlin finden können. Für einen Asylanten ist es fast unmöglich geworden, in Berlin eine Wohnung zu finden. Entweder ist die Miete höher als der Betrag, den das Jobcenter dafür zahlt oder die Vermieter geben den Asylanten keine Wohnung. Dann bleiben sie hier.“

 „Die Kinder gehen alle in die Schule. Nur ein Kind geht nicht in die Schule. Wir werden für es auch etwas finden. Die Kinder werden von den Bewohnern ganz warmherzig empfangen. Wir hatten schon Kinderfeste, die von Bewohnern veranstaltet wurden. Sie mieten Busse, in denen die Kinder einen Ausflug machen. Das große Problem liegt bei den Erwachsenen. Solange sie keine Perspektive für die Zukunft sehen, haben sie wenig Interesse, etwas zu lernen. Manchmal haben wir sehr schwere Probleme, diesen Menschen zu helfen. Es gibt Familien bei uns, die seit mehr als sechs Monaten auf Bescheid warten.

Der Austausch mit zuständigen Stellen geht sehr langsam. Manchmal versuche ich ganze Tage sie zu erreichen, aber niemand geht ans Telefon. Dann schreibe ich eine Email an sie, aber ich weiß nicht, ob diese Email gelesen wird oder nicht.“

Wir wollten von der Einrichtung einige Fotos haben. Frau Deleva sagte, das sei nicht möglich. Wir konnten nur von draußen ein paar Aufnahmen machen.

Eine Flüchtlingsfamilie setzt sich ein

Das war für uns sehr interessant, dass  eine Familie (Frau von Indien und Mann von Pakistan) aus diesem Heim an unsere Hilfsaktion "HelloPaket" geholfen haben. Sie setzen sich auch für die neue Flüchtlinge ein. Das ist ein guter Weg zur Integration.

 Wir werden nächste Woche einen anderen Flüchtlingsheim in "Soorstarsse" besuchen.                                                                                                                           

                                                                                                                         Flyer-Verteilung für Hilfsaktion:" Hellopaket"

Mohammad Moshiri

Berlin, 24.08.2015

Der Vorsitzende des Forums für Toleranz und Menschenrechte e.V.

www.fftum.eu

 

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