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Die Welt

11.07.2013

Die oppositionellen Volksmudschahedin behaupten, im Iran eine neue Nuklearanlage mit vier Lagerhäusern und vier Tunneln entdeckt zu haben. Es soll sich um Einrichtungen des Nuklearprogramms handeln.

Von Clemens Wergin

Foto: Volksmudschahedin des Iran/Mudschahedin al-Kalk (PMOI/MEK) Die iranische Oppositionsgruppe der Volksmudschahedin vermutet eine unter dem Projektnamen "Madan Schark" oder auch "Kothar Projekt" geführte Nuklearanlage zehn Kilometer östlich der Stadt Damavand

 

Die iranische Oppositionsgruppe der Volksmudschahedin/Mudschahedin al-Kalk behauptet, in den Bergen nördlich von Teheran eine neue, bisher geheime iranische Nuklearanlage identifiziert zu haben. Die Anlage soll seit 2006 im Bau und in einer ersten Phase gerade fertiggestellt worden sein. Es handele sich um ein komplexes Tunnelsystem unter den Bergen in der Nähe der Stadt Damavand. Die Anlage werde unter dem Projektnamen "Madan Schark" oder auch "Kothar Projekt" geführt. Sie gehöre dem Verteidigungsministerium und sei aus einem gänzlich geheimen Haushalt des nationalen Sicherheitsbudgets finanziert worden, so wie andere Nuklearanlagen des Regimes auch.

Laut einem Bericht der Volksmudschahedin, der der "Welt" vorab vorlag, besteht die Anlage aus vier von außen sichtbaren Lagerhäusern und vier in den Berg getriebenen Tunneln, die sich in etwa zwei Kilometer Entfernung von dem schwer bewachten Eingang zur Anlage befinden. Zwei der Tunnel haben demnach eine Länge von etwa 550 Metern, sie verbinden insgesamt sechs riesige Hallen miteinander. Einer der Tunnel habe zudem die Form eines Hufeisens.

Die Volksmudschahedin verfügen nach eigenen Angaben über keine genauen Informationen darüber, welchen Zwecken diese Anlage genau dienen soll, sie sind jedoch überzeugt, dass es sich um eine wichtige Einrichtung des Nuklearprogramms handelt. Schließlich würden die Arbeiten vom Kopf des iranischen Nuklearprogramms, Mohsen Fakhrizadeh überwacht, den die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) seit Jahren und bisher vergeblich über das iranische Atomprogramm befragen möchte.

Die Anlage werde von der Iman Gostaran Mohit Company überwacht, die laut Volksmudschahedin die Abteilungen für "chemische, biologische und nukleare Aktivitäten" kontrolliere und die von Fakhrizadeh geführt werde.

50 Quellen abgeschöpft

Die Volksmudschahedin haben im Jahr 2002 zum ersten Mal das geheime Nuklearprogramm des Iran enthüllt und haben seitdem immer wieder einzelne Anlagen oder Details von Organisationsstrukturen des iranischen Atomprogramms entlarvt, die sich oft als zutreffend herausstellten. Nach eigenen Angaben hat die im Iran gut vernetzte Oppositionsgruppe über ein Jahr lang Informationen über das Kothar Projekt gesammelt und dabei fast 50 Quellen innerhalb des Regimes abgeschöpft, etwa von den Revolutionswächtern, aus dem Verteidigungsministerium, der iranischen Atomenergiebehörde, dem Generalstab der Armee und lokalen Organisationen und Institutionen.

In dem Bericht, der der "Welt" vorliegt, listen die Volksmudschahedin die jeweiligen Verantwortlichen und Firmen auf, die das Projekt vorangetrieben haben. So sollen die Tunnel vom Omran Institute gebaut worden sein. Eine Firma, die mit der Bauabteilung der Revolutionswächter verbunden ist, und die schon die in den Berg getriebene, vormals geheime Nuklearanlage in Fordo gebaut haben soll, wo inzwischen etwa 3000 Zentrifugen für die Urananreicherung installiert sind, womit der Grundstoff für die Bombe produziert werden kann.

Laut Volksmudschahedin haben die Iraner sich bemüht, das Projekt mit strengsten Sicherheitsvorkehrungen von der Außenwelt abzuschirmen. So seien sowohl die Spionageabwehr des Militärs für die Sicherheit verantwortlich wie auch das Geheimdienstministerium. Jeder Arbeiter habe einen speziellen Sicherheitscheck durchlaufen müssen und alle Beteiligten sei verboten worden, über die Arbeiten zu reden. Sogar die lokalen Behörden sollen nicht darüber informiert gewesen sein. Innerhalb der abgeschotteten Anlage sei aber noch einmal eine besondere Sicherheitseinstufung erforderlich, um die Tunnel betreten zu dürfen.

Zweite Bauphase habe begonnen

Nach Angaben der Volksmudschahedin habe gerade die zweite Phase des Projektes begonnen, in der insgesamt weitere 30 Lagerhäuser und 30 Tunnel gebaut werden sollen.

"Diese Informationen und die Enthüllung beweist einmal mehr, dass das Mullah-Regime nicht die Absicht hat, sein Atomprogramm zu stoppen oder auch nur auszusetzen", sagt Shahin Gobadi, ein Sprecher der Volksmudschahedin, der "Welt". Stattdessen versuche das Regime mit allerlei Tricks und Täuschungen Nuklearwaffen zu erlangen. "Wir fordern von der IAEA, diese Anlage gründlich zu inspizieren", sagt Gobadi.

Die Volksmudschahedin stellten auch Satellitenaufnahmen zur Verfügung, auf denen die genannte Anlage zu sehen sein soll. Sichtbar sind mehrere Lagerhauskomplexe und drei Tunneleingänge. Das Regime habe sich dabei einer geschickten Tarnung bedient, weil der Name des Projektes "Madan Shark" auch der Name einer nahe gelegenen Mine sei. Die Tunneleingänge können so auch als Zugänge zu Minenschächten gedeutet werden.

Chamenei zieht weiter die Strippen

Die Enthüllungen der Volksmudschahedin platzen in eine delikate Phase der Verhandlungen zwischen Teheran und den Vetomächten des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland über das Atomprogramm. Nach der Wahl des moderat konservativen ehemaligen Atomunterhändlers Hassan Rohani war im Westen die Hoffnung aufgekeimt, man könne mit ihm vielleicht eher zu einem Kompromiss finden als mit seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad.

Skeptiker warnen jedoch davor, zu viele Erwartungen mit dem Wechsel zu verbinden. Schließlich ist es der nach wie vor fest im Sattel sitzende Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei, der nach Meinung von Iran-Experten die Entscheidungen in Sachen Atomprogramm fällt. Und der hat sich auch jüngst wieder gegen jegliche Kompromisse mit dem Westen ausgesprochen.

 

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