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FAZ . 14.10.2013

Bereits seit einigen Jahren befinden sich im Irak mehrere tausend iranische Dissidenten in einer lebensbedrohlichen und prekären Lage. Nahe des Bagdader Flughafens warten in einem Zwischenlager, Camp Liberty, 3100 iranische Exilanten auf ihre Ausreise in Drittstaaten. Sie genießen dort keinen Schutz, sehen sich aber einer ständigen Bedrohung durch Raketenangriffe ausgesetzt. Ihre katastrophale Situation hat sich seit einer erzwungenen Umsiedelung und einem blutigen Anschlag Anfang September weiter verschlechtert. Dabei wurden sieben Oppositionelle verschleppt.

 

Vor wenigen Tagen war die 68. Generalversammlung der Vereinten Nationen zu Ende gegangen. Dabei zeigte sich, dass wir die Vereinten Nationen dringend stärken müssen: dass wir die UN-Friedenssicherung politisch aufzuwerten und die aktive Konfliktprävention in den Mittelpunkt zu stellen haben. Das erfordert die Beachtung und den Erhalt des Völkerrechts sowie die wirksame Durchsetzung der Schutzverantwortung zur Verhinderung von Gewalt und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das ist umso mehr geboten, als auf der internationalen Tagesordnung Attentate, militärische Gewalt und der Einsatz von chemischen Waffen stehen, ferner Hunderttausende Getötete und ein nicht endender Strom von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten und aus Afrika, vor allem aus Syrien, dem Irak und Iran.

Die iranischen Dissidenten, Angehörige der Volksmudschahedin, sind in den vergangenen zwei Jahren auf irakischen Druck aus dem sicheren und gut ausgebauten Camp Ashraf in die ehemalige amerikanische Militärbasis Camp Liberty umgesiedelt worden. Seitdem hat sich die Zahl der Anschläge und Attentate auf sie dramatisch erhöht. Lediglich Hundert Bewohner durften, mit Billigung der amerikanischen Regierung und der Vereinten Nationen, in Camp Ashraf bleiben, um das Eigentum der Volksmudschahedin zu schützen.

Am 1. September zogen irakische und iranische Todeskommandos plündernd und mordend durch Camp Ashraf. 52 Menschen wurden exekutiert, sieben wurden verschleppt. Sie befinden sich – glaubhaften Informationen zufolge – als Geiseln in der Grünen Zone Bagdads, bewacht von irakischen Soldaten. Die 42 Überlebenden wurden in das heruntergekommene und gefängnisartig ausgebaute Camp Liberty gebracht. Dabei wurde der Überführungskonvoi beschossen. Bei der von Iran und dem Irak betriebenen Liquidierung der iranischen Opposition im Irak wurden in fünf Angriffen 110 Menschen getötet. Ziel ist offenbar, alle Dissidenten zu eliminieren. Die sieben Geiseln, unter ihnen sechs Frauen, sollen an Iran ausgeliefert werden, wo ihnen Folter und Tod drohen.

Die Bewohner von Ashraf und Liberty haben ein über vier Jahre dauerndes Martyrium hinter sich. Seit Ende 2011 warten die Dissidenten auf eine Verteilung in Drittländer. Von den mehr als 2000 vom UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR erfassten und anerkannten Flüchtlingen konnten nach langen und schwierigen Verfahren erst zweihundert den Irak verlassen – nach Deutschland und Albanien – und so in Sicherheit gebracht werden. Das ist ein Armutszeugnis für die internationale Staatengemeinschaft.

Der Westen muss mehr tun! Es ist eine humanitäre Pflicht, Menschen zu retten und Sicherheit herzustellen. Worten müssen Taten folgen. Der Westen darf sich nicht hinhalten lassen. Die sieben Verschleppten müssen freigelassen werden, der Schutz der Camp-Insassen muss endlich durch die Vereinten Nationen gewährleistet werden. Während die westlichen Staaten durch ihre Bürokratie und Unwilligkeit wertvolle Zeit zur Rettung der Dissidenten verstreichen lassen, ist die irakische Regierung unter Ministerpräsident Nuri al Maliki weder gewillt noch in der Lage, ihre international geltende Schutzpflicht zu erfüllen und Verantwortung für das Schicksal der verschleppten Geiseln zu übernehmen.

Auch Deutschland kann mehr tun. Von den Hundert anerkannten und intensiv überprüften Flüchtlingen aus Camp Liberty konnten bisher 46 Personen nach Deutschland ausreisen. Angesichts der katastrophalen Bedrohungslage ist es erforderlich, den Ausreiseprozess zu beschleunigen. Weitere 180 Personen, die in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt sind, warten seit Monaten auf den Abschluss der Überprüfung. Unverzichtbar ist das Engagement Deutschlands für die Aufnahme von Flüchtlingen in sicheren Drittstaaten.

Der Irak ist verpflichtet, die Flüchtlinge im Camp Liberty zu schützen, die Raketenangriffe aufzuklären und über den Verbleib der verschleppten Geiseln Auskunft zu geben. Der Irak hüllt sich aber in Schweigen. Das kann nicht unsere, nicht Deutschlands Antwort sein

Die Autorin war von 1988 bis 1998 Präsidentin des Deutschen Bundestages.

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