Der neue Präsident im Iran ist ein Mullah. Das hat aber nicht viel zu bedeuten, das Sagen hat Khamenei selbst, der Religiöse Führer. Durch Paragraph 110 des Grundgesetzes der Mullahs sind alle Rechte in die Hände des Religiösen Führers gelegt.
Er steht über Justiz, Exekutive und Legislative und bestimmt den Leiter der amtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt. Er ernennt den Wächterrat und dieser Rat bestimmt alle Kandidaten für Präsidenten- und Parlamentswahlen. Wer Khamenei nicht gefällt, wird vom Wächterrat abgelehnt. Auch Rafssanjani, der zweite Mann nach Khomeini, dem Gründer des Mullahstaates, wurde abgelehnt.
Das Atomprogramm liegt allein in Khameneis Hand. Hier hat nur er zu sagen. Die Streitkräfte des Landes unterstehen seiner Kontrolle, er selbst ist ihr Oberbefehlshaber. Die Passdaran (das Revolutionskorps) ist verpflichtet, nur sein Interesse zu verteidigen.
Der Religiöse Führer steht unter niemandes Aufsicht, er ist „Stellvertreter Gottes auf Erden“. Seine Taten kann man nicht kritisieren und er ist nicht verpflichtet, jemandem Rechenschaft zu geben.
Eigentlich ist ein Präsident im diesem System lächerlich.
Aber warum bedeutet diese Wahl eine Niederlage für Khamenei? Man muss das Regime und seine internen Auseinandersetzungen kennen, dann weiß man warum.
In der Frage der Sicherheit und Unversehrtheit des Regimes sind sich alle Flügel des Regimes einig. Auch die so genannte Grüne Bewegung des Jahres 2009 war in dieser Angelegenheit einig mit den anderen Flügeln.
Feinde sind sie, wenn es um ihre eigenen Interessen geht. Macht bringt Geld und Reichtum. Wer Präsident im Iran ist, hat viele Möglichkeiten, seine Leute in wichtige Ämter einzusetzen. Hier haben Khamenei und der Wächterrat nichts zu sagen.
2004 hat Khamenei seinen Lieblingskandidaten Ahmadinejad gegen Rafssanjani durchgesetzt. Dann wurden alle Ämter mit Ahmadinejads Leuten besetzt und die Wirtschaft wurde total in die Hände der Passdaran gelegt. Die Passdaran wurde dadurch sehr mächtig. Die Leute von den anderen Flügeln wurden entweder pensioniert oder inhaftiert. Manchen flohen ins Ausland. In den letzten Monaten stellte Ahmadinejad, der dem Khameneiflügel angehörte, sich auf einmal gegen Khamenei. Man duldete ihn bis zur Präsidentenwahl im Juni. Khamenei wollte seinen Lieblingskandidaten Jalili zum Präsidenten machen, aber er konnte seine eigenen Reihen nicht zusammenhalten. Seine Front schlug vier Kandidaten vor. Dass er das geschehen lassen musste, zeigte seine Schwäche.
Khamenei konnte den Wahlbetrug von 2009 nicht wiederholen, denn das Innenministerum war in Ahmadinejads Hand. Er musste Rohani akzeptieren, obwohl der eher an der Seite Rafssanjanis steht. Khamenei wollte verhindern, dass die Ereignisse von 2009 sich wiederholten.
Mit Rohani als Präsidenten ist Khamenei schwächer als vor der Wahl. Aber nach außen wird sich nicht viel ändern. Rohani ist ein Mann des Systems. Er war immer für die Sicherheit des Landes zuständig. Er ist für Assad und gegen die Existenz Israels. Er wird versuchen, mit den üblichen Beschönigungen das Atomprogramm des Regimes fortzusetzen.
Aber die internen Konflikte werden immer größer. Schon versucht Rohani, mehr seine eigenen Leute einzustellen. Der Krieg der Wölfe hat erst begonnen. Warten wir ab, das Regime wird sich selbst bekämpfen. Bald!
Mohammad Moshiri
Deutsch-Iranischer Schriftsteller in Berlin