Integration! Ja oder Nein?

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Wo ist das: Heimat? Dort, wo die Gefühle sind.

Wer sein Heimatland verlassen hat, um im Ausland zu wohnen, hat viel zurückgelassen.

Das sind oft die Gedanken und Gefühle.  Aber die Gefühle selbst haben mit einem Ort kaum zu tun – weit mehr mit der Verantwortung und dem Zusammenleben, mit der Geschichte und mit der Literatur und Kultur. Durch sie und in ihnen ist der Mensch fähig, seine Gefühle vielfältig und vielseitig zu entwickeln.

 

Aber wer im Ausland immer nur vorläufig lebt, kann sich auch für sein Heimatland nicht intensiv einsetzen. Er ist oft allein und kann in der Gesellschaft sich oft nicht behaupten. Er glaubt, dass er nur vorübergehend im Gastland lebt, und hat keine Motivation, dafür aktiv zu werden.

Er lässt sich nicht integrieren, lernt oft die Sprache des Gastlandes überhaupt nicht oder nur ein bisschen.

Er kann sich den Menschen nicht nähern. Er und seine Familie leben in einer selbstbezogenen Illusion. Sie sind oft unzufrieden, und die Bevölkerung des Gastlandes  ist mit ihnen nicht zufrieden.

Wir haben gelernt: Wenn man am aktiven Leben teilnimmt und ein Teil der Gesellschaft ist ,kann man sich auch besser für die Menschen, die man einmal zurückließ, einsetzen.  Dann wird man auch gute Freunde an seiner Seite gewinnen, Freunde aus dem Land, das nun nicht mehr Gastland ist, sondern zweite Heimat geworden ist.

Wenn man sich gegenseitig nicht kennt, werden oft beide Seiten von Illusionen beherrscht. Ist das gut für das Land, in dem man lebt – kann es dann zur zweiten Heimat werden? Überhaupt nicht.  Es ist menschlich und richtig, dass man sich für seine Familie und Freunde, die im Heimatland verblieben sind,  und für die dortige Situation einsetzt. Aber ohne aktives Mittun im zweiten Heimatland wird die Aussicht, dass man sich für sein Heimatland einsetzen kann, selber zu einer Illusion.

Man soll wissen: Was für das zweite Heimatland gut ist,  ist auch gut für einen selbst, was für es schlecht, ist auch schlecht für einen selbst.  Ein Integrierter ist ein Teil des Landes, in das er integriert wurde, und dann kommen die Gefühle von selbst. Das bedeutet überhaupt keinen Verrat am Heimatland, sondern es ist  vernünftiges und verantwortungsvolles Handeln. Auf diesem Wege findet man  auch gute Menschen. So kann man am Fortschritt des Landes, seiner Kultur und seinem vielfältigen Reichtum teilnehmen - und dadurch auch seinen Landsleuten im Heimatland wirksamer helfen. Ja, Integration heißt, Verantwortung zu übernehmen - für sich, für die Mitmenschen, für das erste und das zweite Heimatland. Wo man Verantwortung trägt, kommen die Gefühle – hier und dort.  Und das ist gut so – gut und menschlich.

Natürlich sollen in den Ländern die Gesetze ermöglichen, dass man als Immigrant auch Verantwortung übernimmt.  Aber das ist ein anderes – freilich ebenfalls sehr wichtiges - Thema. Auch darüber werde ich schreiben – beim nächsten Mal.

Mohammad Moshiri

www.diezeitbruecke.de

18.09.2014